„Etwa 20% der Bewerbungen bei uns haben kein Foto und ich frage mich dann immer: was verstecken die Leute.“
Ich bin aktiv im Forum Personal des Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste e.V. Dies bietet an der Fachhochschule Westküste in Heide einen Rahmen zum Austausch unter Personalern in der Region Westküste. Ich frage immer wieder: mit oder ohne Foto?
Bewerben ohne Foto? Personaler vermissen ein fehlendes Foto. Kein Foto ist auch eine Aussage und das wirft Fragen auf.
Muss ich heute (2020) noch ein Bewerbungsfoto haben?
Eins vorneweg: Nein, niemand kann dich dazu zwingen, ein Foto zu verwenden.
Das Gesetz.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) besagt in §1 „Arbeitnehmer dürfen nicht wegen ihrer Religion, Herkunft, sexuellen Identität, Weltanschauung oder ihres Geschlechtes diskriminiert werden“. Dennoch dürfen Unternehmen dich wegen deines Aussehens ablehnen.
Also: ein Foto darf aus obigen Gründen kein Nachteil sein und wenn dich ein Unternehmen ohne Nennung wegen des Fotos ablehnt, darfst du dich natürlich fragen, ob du da wirklich hättest arbeiten wollen, in so einem von Oberflächlichkeit geprägten, unfairen Klima.
Niemand darf ein Foto einfordern. Dein Bewerbungsfoto ist eine Option. Und wirst du deswegen nicht genommen, wird dir das natürlich niemand verraten. Übrigens verraten dir die meisten Unternehmen auch die anderen Gründe meist nicht, einfach um mit dem obigen Gesetz nicht zu kollidieren. Darum ist letztendlich klar: wird ein Foto verlangt, musst dieser Aufforderung nicht nachkommen und gleichzeitig outest du dich als jemand mit Prinzipien. Das Gesetz schafft hier also Klarheit – aber die nützt dem Bewerber in der Praxis unter Umständen wenig.
Deine Chance.
Du kannst die Chance mit einem guten Foto nutzen, musst es aber nicht tun. Du hast die Wahl.
Kein Foto ist immer auch eine Aussage, die zur Spekulation einlädt: „Warum zeigt die Person sich nicht?“ Auf diese Frage gibt es keine Antwort, offene Fragen sind unangenehm und du kommst schnell auf den Stapel „Reserve“. Die beiden anderen Stapel sind attraktiver: „Näher ansehen, einladen“ und „Passt nicht.“ – beide haben Klarheit zur Folge.
Meine Empfehlung: Wenn du deine Chance nutzen willst, dann auch bestmöglich. Kein Handy-Foto, keins mit schlechtem Licht oder nicht passendem Outfit. Wenn du ganz sicher gehen möchstest, geh zu einem Fotografen und idealerweise zu einem Fotografen, der nichts anderes macht. Wirksame Portraits sind kein Zufallsprodukt und erfordern Geduld, Liebe zum Detail und lange und intensive Kommunikation und Arbeit. Diesen Aufwand kann man dann sehen auf deinem Bild. Und damit sagst du etwas aus: dass du es dir selbst wert bist und dass du deinem Betrachter gegenüber auch entsprechenden Respekt entgegenbringst.
Ein wirkliches Top Foto macht auch etwas mit dir: du nimmst diese Haltung mit in den gesamten Prozess der Bewerbung. Es steigert deinen Selbstwert. So sagen es mir meine Kunden immer wieder.
Und anderswo?
Aber in den USA ist es doch auch unüblich, ein Foto zu haben. Ja. Ist es. Das Verfahren ist dort streng anonym. Eigentlich. Aber: da sind vermutlich alle ernsthaften Bewerber bei LinkedIn und sorgen dort für den Einblick. Darum: sorge auch online (LinkedIn, Xing, Facebook, WhatsApp, Outlook, Instagram usw.) für ein passendes Foto und räume diese Seiten auf und präsentiere dich dort.
Also: wenn du das Gefühl hast, ein Foto sollte sein, dann nutze diese Chance.
Ein Top-Bewerbungsfoto ist deine Chance für einen bestmöglichen Einstieg und ersten visuellen Kontakt. Sie mit einem Top-Foto zu nutzen, verbessert das Bauchgefühl von Entscheidern. Ein schlechtes Foto kann das Gegenteil bewirken, dann lieber weg lassen.