Personal Branding. Ist es alter Wein in neuen Schläuchen?

Schon mein Opa pflegte seine Individualität. Er war ein Typ, wiedererkennbar. Man würde sagen: ein Mann mit Charakter (und Prinzipien). Er hatte Ahnung von seiner Profession, er liebte seinen Beruf, der war für ihn Berufung und nicht Pflicht. Er war mit Leib und Seele dabei. Er war weltoffen, lebte eine Zeit lang im Ausland als es gewiss nicht üblich war, ein Auslandsjahr zu machen.  Er sprach fließend Englisch und starb viel zu früh.

Er hatte seinen Stil. Er war von weitem erkennbar. Auch diesen Teil pflegte er. Ich habe ihn nie anders als im weißen Hemd gesehen, beim Essen holte er die kleine Wäscheklammer hervor und befestigte die Serviette. Er liebte seinen kleinen Marotten. Er wusste, dass er damit andere entweder zur Weißglut oder zum Lachen brachte. Immerhin nahmen sie ihn wahr und ernst.

Warum schreibe ich das? Er war eine „Marke“. Ein Typ, ein Experte, einer, zu dem man ging, wenn man fairen Rat brauchte.

Er hatte eine Personal Brand und war klar positioniert – ohne es zu wissen oder zu kultivieren. Er war hanseatisch zurückhaltend. Ungeputzte Schuhe entlocktem ihm eine hochgezogene Augenbraue. Er hasste das. Er war auch nicht einfach. Hatte „die Hosen an“ und Ecken und Kanten.

Er war zu einer dunklen Zeit Teil des fanatischen Schwarms, weil er nicht anders für seine Familie konnte. Er hat darunter immer gelitten. Er war Menschenfreund und Familienmensch.

Das alles sind Eigenschaften, bei denen man heute sagen würde: er lebte nach seinen Werten, er war authentisch, er war sichtbar, er hatte Hater und Follower. Seine Personal Brand hatte ein Logo (sein Siegel für den Siegellack, seine Initialen zierten so einiges). In der Schiffahrt zeigte man Flagge. Er hatte eine ganze Sammlung im Flur.

Mein Opa war sich selbst treu. Er hatte früh einen Standpunkt und dem blieb er treu. Er wusste, wo er hingehörte. Diese Stabilität ist es, um die ich ihn beneide.

Eine Personal Brand bietet Halt in Zeit der vielen Chancen und Ablenkung

Bei allen Chancen, die heutige Berufe und Karrieren ermöglichen, empfinde ich immer mehr, dass Menschen sich nicht ganz trauen, etwas wirklich mit ganzem Herzen zu tun. Sie zweifeln, schauen links und rechts, lassen sich von Experten einreden, was zu tun ist, informieren sich bis der Kopf raucht und kommen nicht ins Handeln. Mir selbst geht es auch zuweilen so. Herumeiern nennt man das im Norden. Halbherzig etwas machen. Erzeugt Stress und macht krank.

Wenn meinen Opa einer fragte, was er macht, dann sagte er, was seine Tätigkeit ist. Und genau das ist es – er war eins in Handeln und Haltung. Er hatte einen Platz und Standpunkt. Er hatte eine Aufgabe und Leidenschaft. Zusammen ergab das den Sinn und seine Motivation.

Was bedeutet das für mich 35 Jahre nach seinem Tod? Ich sage nicht mehr „Ich war IT Manager und bin nun Fotograf“. Ich sage viel mehr: nachdem ich viele Jahre lang kreative Lösungen mit Software für Menschen entwickelt habe und mich am System des Konzerns verschlissen habe, nutze ich meine Kreativität nun, um Menschen dabei zu helfen, sichtbar zu sein und ihnen die Angst vor diesem Schritt in die Sichtbarkeit zu nehmen.

Der stereotyp belegte Begriff „Fotograf“ würde dem niemals gerecht werden. Fotograf zu sein ist kein Branding. Ich bin kein Fotograf. Mein Opa war auch kein Schiffsmakler. Er sorgte für die Versorgung der Menschen mit Rohstoffen. Es war die Aufgabe, die ihn erfüllte, das Handeln bereitete ihm Freude.

Wenn Personal Branding etwas ausmacht, dann ist es die banale Erkenntnis, dass Menschen zufrieden und erfolgreich sind, wenn sie einen Standpunkt haben, der ihnen Halt und Wegweiser ist und wenn sie zugleich ihr Handeln wichtiger nehmen als den Status.

Eine Personenmarke entsteht durch das Handeln und nicht durch das Sein.

Was ist daran schwierig in der heutigen Zeit? Du musst im Dschungel der Möglichkeiten eine Entscheidung treffen. Den Mut haben, eine Lücke – deine Lücke – zu besetzen und zu verteidigen. Das ist gar nicht so einfach, denn das bedeutet auch, sich um die diese Lücke oder Nische zu bemühen, sie zu verteidigen. Das geht am einfachsten, wenn du dein Handeln in den Vordergrund stellst und nicht den Berufsbegriff oder gar die Ausbildung.

Personal Branding  ist deshalb so schwierig, weil du deine Sichtbarkeit im Schwarm sichtbar machen musst – wir aber keine Schwarmlebewesen sind. Jeder strebt nach Individualität aber in der Masse ist vieles Kalkulierbar gleich. Und irgendwie ist es im Schwarm ja auch ganz kuschelig. Wer sich seine Nische sucht, ist nicht mehr so ganz im Schwarm.

Die „Mode Personal Brand“ hat auch etwas mit dem Lebensstandard zu tun, der uns ermöglicht, die Dinge ganz oben in der Maslowschen Bedürfnispyramide in Angriff zu nehmen. Das Bestreben nach Selbstverwirklichung ist ganz sicher ein Zeichen von Wohlstand. Mit einem Personal Branding kann gelingen, dem Strom der Masse zu entkommen und sein Ding zu machen.

Machen. Das ist der zentrale Begriff.

Die wichtigsten Zutaten einer Personenmarke Werte, Sinn und Tun

Das alte niederdeutsche Sprichwort „Stoh fast, kiek wiet und rög di.“ Das hätte mein Opa gesagt.

„Steh fest, schau weit und reg dich.“ Diese Mahnung an alle, den Sinn für das Wesentliche im Leben nicht zu verlieren, ist für mich der Kern von Personal Branding.

Steh fest: Kennst du deinen Standpunkt und Werte?
Schau weit: Weißt du, warum du das machst?
Reg dich: Machst du vor oder machst du nach oder mit?

Das mit dem Personal Branding wirklich alter Wein in neuen Schläuchen. Das Kind brauchte nur einen Namen. Das ist wichtig, denn es ist Sinn stiftend und aufwertend, wenn wir einen Themenkomplex mit einem Begriff versehen. Auch wenn er im Kern nichts Neues ist.

Mach einfach. Zeig dich. Sag nicht, was du bist. Sag, was du machst und wofür du stehst.

Das wird dann schon mit deinem Namen verbunden. „Sie hat sich einen Namen gemacht.“ – durch Machen eben. Nicht sein. Du bist, was du tust – das ist auch aus  theologischer Sicht zu begründen, dabei geht es um das „Eins sein“, den Sinn finden.

Mit einer Personal Brand wirst du der Begriff, der für etwas steht.

Ich bin der Wohlfühlfotograf und helfe kamerascheuen Menschen dabei, sichtbar zu werden. Wenn du das brauchst: ruf doch mal an.